DER BETRIEB
Entwurf der ErbStR 2019
Gute Wünsche der Finanzverwaltung für das neue Jahr?

Entwurf der ErbStR 2019

Gute Wünsche der Finanzverwaltung für das neue Jahr?

Dr. Thomas Wachter

Kurz vor Weihnachten – am 20.12.2018 – hat das BMF den seit langem erwarteten Entwurf der Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 (ErbStR 2019) vorgelegt. Die Verbände haben nunmehr die Möglichkeit, zu dem Entwurf bis zum 24.01.2019 Stellung zu nehmen. Nach Zustimmung des Bundesrats sollen die neuen Richtlinien im Laufe des Jahres 2019 in Kraft treten.

Dr. Thomas Wachter
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Fortentwicklung der ErbStR 2011

Der Entwurf der ErbStR 2019 (vgl. VA1291879) baut auf den bestehenden ErbStR 2011 auf. Gliederung und Aufbau bleiben weitgehend unverändert. Mit den ErbStR 2019 soll (wie das BMF in seinem Begleitschreiben ausführt) „im Wesentlichen den zwischenzeitlich erfolgten Rechtsänderungen, Änderungen der Verwaltungsauffassung und der höchstrichterlichen Rechtsprechung Rechnung“ getragen werden. Im Mittelpunkt stehen dabei zweifellos die Neuregelungen zur Verschonung von unternehmerischem Vermögen samt den dazu bislang ergangenen Anwendungserlassen der Länder. Die jüngsten Änderungen des ErbStG durch das „JStG 2018“ werden dabei bereits berücksichtigt – zur neuen Möglichkeit des nachträglichen Widerrufs des Steuererlasses bei Großerwerben siehe R E 28a.4 Abs. 3 ErbStR 2019.

In den Entwurf der ErbStR 2019 wurden zahlreiche, seit 2011 veröffentlichte Ländererlasse eingearbeitet. Dazu gehört etwa der Erlass zur Bewertung von Betriebsvermögen (siehe u.a. R B 11.4 und R B 97.5 und 6 ErbStR 2019) und der Erlass zu Schenkungen unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften (siehe u.a. R E 7.5. und R E 15.4. ErbStR 2019). Der Entwurf der ErbStR 2019 wäre leichter verständlich, wenn die (inhaltlich weitgehend unveränderte) Übernahme der bestehenden Erlasse entsprechend kenntlich gemacht worden wäre. Bei manchen (schon etwas älteren) Erlassen ist die Integration möglicherweise auch nicht ganz geglückt.

Die Regelung zum Zuwendungsnießbrauch bei Betriebsvermögen soll in die ErbStR 2019 übernommen werden (R E 13b.30 Abs. 6 und R B 97.3 ErbStR 2019). Dabei werden allerdings zivilrechtliche und steuerrechtliche Begriffe miteinander vermengt, sodass nicht immer ganz klar ist, was genau gemeint ist. Zweifelhaft erscheint auch, ob der Entwurf mit der neuen Rechtsprechung des IV. Senats des BFH zur Mitunternehmerstellung in Einklang steht.

Viele kleine und versteckte Änderungen

Der weit überwiegende Umfang des 192 Seiten umfassenden Entwurfs der ErbStR 2019 betrifft die Fortentwicklung und Konsolidierung der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung. Die „echten“ Neuerungen fallen dagegen (zumindest was den Umfang betrifft) vergleichsweise gering aus und betreffen vor allem das unternehmerische Vermögen. Inhaltlich sind diese Änderungen aber durchaus gewichtig.

Die Änderungen sind oft wenig transparent; an zahlreichen Stellen werden einzelne Sätze ergänzt, ohne dass der Hintergrund immer nachvollziehbar ist. Nur zwei Beispiele dafür.

Beispiel Nr. 1: Die Überlassung von Grundstücken im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ist grundsätzlich begünstigt (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) ErbStG). Voraussetzung dafür ist, dass der Erblasser seinen Willen in beiden Betrieben durchsetzen kann (so auch R E 13b.14 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2019). In dem Entwurf der ErbStR 2019 wird nun gefordert, dass der Wille „unmittelbar“ durchgesetzt werden muss (R E 13b.14 Abs. 1 Satz 6 ErbStR 2019). Im Gesetz ist ein solches Unmittelbarkeitserfordernis jedenfalls nicht vorgesehen.

Beispiel Nr. 2: Die steuerliche Begünstigung ist davon abhängig, dass der Erwerber den Betrieb während einer Behaltefrist von 5 bzw. 7 Jahren nicht „veräußert“ (§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 ErbStG). In dem Entwurf der ErbStR 2019 heißt es dazu jetzt: „Maßgebend ist dabei das obligatorische Rechtsgeschäft und nicht erst die zivilrechtliche Wirksamkeit der Veräußerung“ (R E 13a. 13 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2019). Als Verstoß gegen die Behaltefrist soll danach schon der Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts gelten (und nicht erst die dingliche Verfügung). Dies kann aber wohl nur dann gelten, wenn das schuldrechtliche Rechtsgeschäft auch wirksam ist? Die Formulierung findet sich im Übrigen auch bei der Reinvestitionsklausel (R E 13a 18 Satz 5 ErbStR 2019). Allerdings müsste es dort wohl auf die Anschaffung (Investition) und nicht auf die „Veräußerung“ ankommen?

Bayerischer Sonderweg ohne Erfolg

Das BMF betont, dass der Entwurf der ErbStR 2019 „fachlich mit den obersten Finanzbehörden der Länder“ abgestimmt worden sei. Dies klingt zunächst nach einer Selbstverständlichkeit, ist es aber keineswegs.

Bei den Anwendungserlassen zum neuen Unternehmenserbschaftsteuerrecht im Jahr 2017 konnte keine solche Einigkeit erzielt werden. Damals haben 15 Bundesländer koordinierte (und nicht gleichlautende) Erlasse veröffentlicht (BStBl. I 2017 S. 902). Der Freistaat Bayern hat seinerzeit vor allem in zwei Punkten eine abweichende Auffassung vertreten (Verfügung vom 14.11.2017, DB 2018 S. 98), konnte sich damit aber bundesweit offensichtlich nicht durchsetzen.

Zum einen geht es um das junge Verwaltungsvermögen, das nicht zum begünstigten Vermögen gehört (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG). Als junges Verwaltungsvermögen zählt das Vermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Steuerentstehung weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (R E 13b.27 Satz 1 ErbStR 2019). Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll auch die Einlage aus einem verbundenen Konzernunternehmen junges Verwaltungsvermögen begründen (so jetzt ausdrücklich R E 13b.27 Satz 8 und R E 13b.29 Abs. 4 ErbStR 2019). Diese Auffassung ist mit dem Gedanken einer Verbundvermögensaufstellung nicht zu vereinbaren und wurde daher vom Freistaat Bayern (ursprünglich) zu Recht abgelehnt.

Zum anderen ging es bei der Kontroverse innerhalb der Finanzverwaltung um den Steuererlass beim Großerwerb von begünstigtem Vermögen (nach § 28a ErbStG). Die Finanzverwaltung beharrt in ihrem Entwurf der ErbStR 2019 auf dem Standpunkt, dass die auf den Erwerb entfallende Steuer das „verfügbare Vermögen“ des Erwerbers nicht mindert (R E 28a.2 Abs. 2 Satz 6 ErbStR 2019). Dies ist wenig überzeugend, da das für die Bezahlung der Steuer verwendete Vermögen beim Erwerber tatsächlich nicht mehr „verfügbar“ ist. Die Finanzverwaltung hat ihre Auffassung jetzt auch noch auf spätere Nacherwerbe ausgedehnt. Der Steuererlass entfällt, wenn der Erwerber innerhalb von zehn Jahren weiteres Vermögen hinzuerwirbt (§ 28a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ErbStG). Der Wert des Hinzuerwerbs soll gleichfalls nicht um die darauf entfallende Steuer gemindert werden (R E 28a.4 Abs. 2 Satz 8 ErbStR 2019). Dies erscheint unverhältnismäßig und kann zu einer übermäßigen Steuerbelastung führen.

Finanzmittel im Konzernverbund

Eine der umstrittensten Fragen des neuen Unternehmenserbschaftsteuerrechts ist die Behandlung der (jungen) Finanzmittel bei Finanzierungen im Konzern. Die Finanzverwaltung vertritt in dem Entwurf der ErbStR 2019 die Auffassung, dass die Einlage von Finanzmitteln bei der Tochtergesellschaft nicht nur zu jungen Finanzmitteln bei der Tochter, sondern „auch“ bei der Muttergesellschaft führt (R E 13b.29 Abs. 3 ErbStR 2019). Legt die Tochtergesellschaft die Finanzmittel in die Enkelgesellschaft ein, kann das zu einer „mehrfachen Erfassung“ der jungen Finanzmittel bei der Mutter führen. Die mehrfache Erfassung (ein und derselben) jungen Finanzmittel ist im Gesetz (§ 13b Abs. 9 ErbStG) nicht angeordnet und widerspricht auch dem Normzweck.

Die grundsätzlichen Bedenken der Finanzverwaltung gegenüber allen (nicht nur jungen) Finanzmitteln zeigen sich auch daran, dass der Katalog der Finanzmittel um „Kryptowährungen, z.B. Bitcoin“ erweitert werden soll (R E 13b.23 Abs. 2 am Ende ErbStR 2019). Ist das wirklich ein Problem der Unternehmensnachfolge? So viel Mut zu Neuem hätte man sich auch an manch anderer Stelle gewünscht, zum Beispiel beim Thema Brexit. Dazu findet sich in dem Entwurf der ErbStR 2019 kein einziges Wort.

Fazit

Insgesamt sind die geplanten ErbStR 2019 eine eher behutsame Fortentwicklung der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung. Dies gilt vor allem für die private Vermögensnachfolge. Im Bereich der Unternehmensnachfolge sind dagegen auch erhebliche Verschärfungen geplant. Der Hinweis des BMF, dass die ErbStR 2019 „grundsätzlich weder begünstigende noch belastende Wirkung entfalten“ werden, stimmt daher allenfalls im Grundsatz.