DER BETRIEB
Corporate Governance und Rechtssicherheit

Corporate Governance und Rechtssicherheit

Frauke Nitschke

Frauke Nitschke
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Liebe Leserinnen und Leser,

die Kontroverse zur aktuellen Reform des Deutschen Corporate Governance Kodex zeichnet ein facettenreiches Meinungsbild, wie Standards guter Unternehmensführung zu gestalten sind. Bisher ist die erklärte Akzeptanz des DCGK durch die adressierten Unternehmen hoch. Eine aktuelle empirische Analyse von v. Werder/Danilov in DB 2018 S. 1997 ergab eine durchschnittliche Befolgungsquote bezüglich der Empfehlungen von 88,7%. Naturgemäß gibt es Soll-Bestimmungen, die weniger Gefolgschaft erfahren. Tz. 545 Abs. 1 Satz 2 DCGK empfiehlt für Vorstände einer börsennotierten Gesellschaft eine Begrenzung der Aufsichtsratsmandate in konzernexternen (börsennotierten oder vergleichbare Anforderungen stellenden) Gesellschaften; nur 78,8% der untersuchten Unternehmen sind diesbezüglich compliant.

Die Konsequenzen mangelnder Kodex-Compliance sind vielfältig; auch Anfechtungsrisiken für Hauptversammlungsbeschlüsse stehen im Raum. In der Praxis war jüngst vermehrt zu beobachten, dass Anfechtungsklagen gegen Wahlbeschlüsse auf die mangelnde Befolgung von Empfehlungen des DCGK gestützt wurden. Diesbezüglich hat der BGH in einem aktuellen Urteil begrüßenswerte Rechtssicherheit geschaffen: weicht der Wahlvorschlag des Aufsichtsrats von den Empfehlungen des DCGK ab, habe dies keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Wahl des Aufsichtsratsmitglieds. Der Wahlvorschlag des Aufsichtsrats sei nicht unwirksam; auch ein für die Wahlentscheidung der Aktionäre relevanter Informationsmangel liege nicht vor. Die Bedeutung des Urteils in der Praxis ist erheblich – wie Herfs/Rowold aufzeigen –, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Aufsichtsratmitglied, dessen Wahl rückwirkend für nichtig erklärt wird, für sämtliche Beschlussfassungen im Aufsichtsrat als Nichtmitglied zu behandeln ist.

Mit diesem und den weiteren Themen dieser Ausgabe wünsche ich Ihnen eine informative Lektüre.

Ihre

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