DER BETRIEB
Brennpunkt Personengesellschaftsbesteuerung
– Steuerpolitische Initiativen zur verbesserten Thesaurierungsbegünstigung und GewSt-Anrechnung –

Brennpunkt Personengesellschaftsbesteuerung

– Steuerpolitische Initiativen zur verbesserten Thesaurierungsbegünstigung und GewSt-Anrechnung –

WP/StB Prof. Dr. Ulrich Prinz

Der deutsche Mittelstand, aber auch einige weltweit tätige, familiengeführte Konzerngruppen, sind über Personengesellschaften organisiert. Die transparente Mitunternehmerbesteuerung mit ihren international weitgehend unbekannten Besonderheiten (z.B. die gewerbliche Prägung, positives/negatives Sonderbetriebsvermögen) und ihrer hohen Gestaltungsflexibilität sind für das deutsche Unternehmensteuerrecht von zentraler Bedeutung.

WP/StB Prof. Dr. Ulrich Prinz
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In der momentan stattfindenden Diskussion um notwendige Strukturverbesserungen im Hinblick auf ein modernes, im internationalen Standortwettbewerb tragfähiges Unternehmensteuerrecht – die Trump’sche US-Steuerreform 2018 war initial – stehen dagegen Kapitalgesellschaften und kapitalmarktorientierte Konzerne im Mittelpunkt.

Notwendige Strukturverbesserungen bei der Personengesellschaftsbesteuerung

Personengesellschaften mit ihrer progressionsabhängigen und von Entnahmen grds. losgelösten Einkommensbesteuerung bei „natürlichen Mitunternehmern“ und der nur typisiert anrechenbaren Zusatzbelastung GewSt stehen bei dieser steuerpolitischen Standortdiskussion eher „am Rande“. Dies wird ihrer Bedeutung als „Wachstumsmotor“ der deutschen Wirtschaft auch in konjunkturell schwierigen Zeiten nicht gerecht. Auch die Personengesellschaftsbesteuerung braucht steuerpolitische Strukturverbesserungen! Aktuell erfolgen mehrere steuerpolitische Initiativen, die auf eine Verbesserung der Personengesellschaftsbesteuerung abzielen und mehr öffentliche Unterstützung verdienen. Zu nennen sind der im Bundesrat eingebrachte Entschließungsantrag des Landes NRW „Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ vom 27.06.2018, der Vorschlag des BMWi aus Januar 2019 zur „Modernisierung des Unternehmensteuerrechts in Deutschland“ sowie schließlich das Impulspapier der Arbeitsgruppe Finanzen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 30.01.2019. Inhaltlich bestehen deutliche Schnittmengen. Das bei Besteuerungsfragen federführende Bundesfinanzministerium lässt dagegen bislang nur wenig Bereitschaft zur Verbesserung der Besteuerungssituation von Personengesellschaften erkennen. „Abwarten“ ist die Devise.

Verbesserte Thesaurierungsbegünstigung und GewSt-Anrechnung für Personengesellschaften

Zunächst zu § 34a EStG und seiner steuerstundenden Wirkung: Das mitunternehmerbezogene Wahlrecht zur Thesaurierungsbegünstigung bei Personenunternehmen wurde im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 zur Annäherung der Steuerbelastung im Verhältnis zu Kapitalgesellschaften eingeführt. Der Thesaurierungssteuersatz beträgt seitdem unverändert 28,25%. Er kommt im Grundsatz nur für hochprofitable Personenunternehmen in Betracht. Von Anfang an ist § 34a EStG wegen seiner Komplexität und schweren Planbarkeit in Bezug auf die Nachversteuerungslatenz von 25% bei „Überentnahmen“ in der Praxis auf große Skepsis gestoßen. Das BMWi führt aus, dass § 34a EStG lediglich von 0,09% der potenziellen Nutzer in Anspruch genommen wird. Eine praxisnahe Strukturvereinfachung des § 34a EStG erscheint deshalb angeraten. Dies sollte zunächst die Absenkung des Thesaurierungssteuersatzes umfassen, um auch für kleinere und mittlere Personenunternehmen attraktiv zu sein. Zudem könnte die Nachversteuerung in Orientierung am Teileinkünfteverfahren belastungsmäßig flexibilisiert werden. Des Weiteren sollten auch nicht abziehbare Betriebsausgaben (einschließlich GewSt-Aufwand) sowie entnommene ESt-Beträge unter Beseitigung des Lock-In-Effekts von Altrücklagen in den thesaurierungsfähigen Betrag einbezogen werden. Schließlich könnte auch die Zwangsnachversteuerung von thesaurierten Beträgen in Fällen von Umwandlungen in eine Kapitalgesellschaft gemildert oder beseitigt werden. Durch die erwähnten Strukturverbesserungen würde § 34a EStG zwar nicht zu einer „einfachen Rechtsnorm“; standortverbessernde Wirkungen für deutsche Personenunternehmen erscheinen dennoch erreichbar.

Eine zweite wichtige Gesetzgebungsinitiative ist die Verbesserung der typisierten GewSt-Anrechnung (§ 35 EStG). Denn in vielen Kommunen sind zwischenzeitlich die GewSt-Hebesätze deutlich erhöht worden, sie liegen im Durchschnitt deutscher Großstädte bei ca. 450%. § 35 EStG wurde im Jahr 2000 zur Angleichung der ESt-Belastung gewerblicher und nicht gewerblicher Unternehmer in typisierender Form eingeführt und bewirkt nur bei einem gewichteten durchschnittlichen GewSt-Hebesatz von etwa 400% eine mehr oder weniger vollständige Entlastung. Dies bedarf der Neujustierung. Konkret leidet die Regelung vor allem an ihrer betriebsbezogenen Ausgestaltung, der dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel folgenden Aufteilung der Anrechnungsbeträge sowie den hebesatzbedingten „leerläufigen“ Anrechnungsüberhängen. Die drei Impulspapiere fordern deshalb gemeinsam eine verbesserte, typisierte Entlastung der Einkommensteuerpflichtigen bei zusätzlich anfallender GewSt.

Optionsmodell für Personengesellschaften

Ein dritter, steuersystematisch ambitionierter Vorschlag befasst sich mit einem Optionsmodell für Personengesellschaften zur Herstellung einer rechtsformneutralen Besteuerung. Personengesellschaften soll damit in Gestalt einer „fiktiven Umwandlung“ das Wahlrecht eingeräumt werden, wie eine Kapitalgesellschaft körperschaftsbesteuert zu werden (zzgl. GewSt und entnahmebedingter Nachbelastung). Ungeachtet der Rechtsformunterschiede würde dies einen Besteuerungsgleichlauf von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften ermöglichen. Der Ein- und Ausstieg in das Optionsmodell sowie die vielen Besonderheiten der Personenunternehmen dürften allerdings ein umfangreiches Regelungskonvolut erfordern. Das IDW hatte dazu bereits im August 2017 ein Positionspapier mit zahlreichen Details vorgestellt. Das Land NRW unterstützt das Optionsmodell bei seinem Antrag allerdings nicht. Man muss sehen: Derartige Optionsmodelle wurden auch bei früheren Unternehmensteuerreform-Vorhaben eingehender diskutiert (etwa ein geplanter § 4a KStG-E 2000/2001), dann aber letztlich wegen diverser steuersystematischer Verwerfungen nie umgesetzt. Interessant ist, dass vor allem das BMWi eine Statusverbesserung von Personengesellschaften im internationalen Bereich sowie die Einbeziehungsmöglichkeit in die GKKB als Unionsprojekt als besondere Vorteile des Optionsmodells hervorhebt.

Steuerpolitischer Handlungsbedarf bei Personengesellschaften

Standortverbesserungen für kapitalgesellschaftsbezogene Investitionen in Deutschland sind sicherlich geboten. Die deutschen Personengesellschaften dürfen bei dieser Diskussion aber nicht vergessen werden. Die zwar komplexe, aber in der Wirkung hilfreiche Thesaurierungsbegünstigung und die typisierte GewSt-Anrechnung bei mitunternehmerschaftlichen „Naturalgesellschaftern“ sind wichtige punktuelle steuerliche Verbesserungsmaßnahmen. Mittelfristig sollte der Steuergesetzgeber auch die Notwendigkeit des Sonderbetriebsvermögens sowie die Steuerbilanzierungsregeln für Personengesellschaftsanteile eingehender prüfen. Insoweit besteht ein erhebliches Vereinfachungspotenzial für Strukturverbesserungen – auch im internationalen Umfeld. Ein Optionsmodell für Personengesellschaften Richtung Körperschaftsbesteuerung bedarf vertiefter Analyse und wird vermutlich „nicht schon morgen“ umgesetzt werden können.