Es ist Zeit, Reformen in den Blick zu nehmen

Sixten Abeling

Liebe Leserinnen und Leser,

Clemens Fuest, Präsident des Münchener Ifo-Instituts, sieht im Interview mit dem Handelsblatt (HB vom 05.04.2019 S. 6) schwierige Jahre auf die deutsche Wirtschaft zukommen. Das Ifo-Institut rechne für 2019 mit einem Wachstum von nur 0,6 Prozent – unter der Bedingung, dass es keinen harten Brexit und auch keinen Handelskrieg gebe. Die Bundesregierung fordert Fuest auf, etwas für den Industriestandort Deutschland zu tun – mit einer Steuerreform zum Beispiel.

Dass die Zeit für Reformen reif ist, zeigt sich auch in anderen Bereichen: So haben sich z.B. die Handels- und Steuerbilanz in den vergangenen Jahren deutlich auseinanderentwickelt, und die Maßgeblichkeit handelsrechtlicher Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung für die steuerliche Gewinnermittlung ist an ihre Grenzen gestoßen. Die Reformbedürftigkeit des Bilanzsteuerrechts erörtert Prinz in seinem Beitrag und mahnt eine systemorientierte Reformierung an. Dabei zeigt er aus Praktikersicht im Wesentlichen zwei denkbare Wege auf. Für beide Lösungen gelte, die Entwicklungen im europäischen Bilanzrecht nicht aus dem Auge zu verlieren.

Auf europäischer Ebene gilt es, gleich mehrere steuerpolitische Entwicklungen im Blick zu behalten: So muss die Änderungsrichtlinie 2018/822/EU zur Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (DAC 6) bis zum 31.12.2019 in nationales Recht umgesetzt werden. Aufseiten der Intermediäre und vieler Inhouse-Gestalter löst DAC 6 einen einmaligen Umsetzungs- und einen laufenden Befolgungsaufwand aus. Wie die Intermediäre ihre Prozesse und Tax-Compliance-Maßnahmen schon jetzt umsetzen können und welche Automationsmöglichkeiten sich ergeben, beschreibt Kowallik anhand eines DAC-6-Umsetzungsprojekts.

Nachdem die Einführung einer europaweiten Digitalsteuer im EU-Finanzministerrat gescheitert ist, richten sich alle Blicke auf die OECD. Die von der OECD bislang vorgelegten Vorschläge zur Anpassung des internationalen Steuersystems haben das Potenzial, das traditionelle internationale Steuergefüge massiv zu verändern. In seinem Gastkommentar schildert Ehlermann, wie die neuen OECD-Ansätze zu werten sind.

Auf diese und die weiteren Themen dieser Ausgabe blickend, wünsche ich Ihnen eine informative Lektüre.