DER BETRIEB
Der Regierungsentwurf des Forschungszulagengesetzes liegt endlich vor

Der Regierungsentwurf des Forschungszulagengesetzes liegt endlich vor

Univ.-Prof. Dr. Stephan Meyering

Durch Gewährung einer steuerfreien und von der Ertragssituation unabhängigen Forschungszulage von maximal 500.000 € möchte der Gesetzgeber Anreize für Forschung und Entwicklung in Deutschland schaffen. Doch der dem Ansatz nach begrüßenswerte Regierungsentwurf lässt Fragen zum Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft, der Entscheidungshoheit über die Zulage und dem Adressatenkreis der Förderung aufkommen.

Univ.-Prof. Dr. Stephan Meyering
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Mit einem eigenständigen Forschungszulagengesetz (FZulG) soll die langersehnte Umsetzung der im Koalitionsvertrag versprochenen Erhöhung der Investitionen in Forschung und Entwicklung (nachfolgend kurz: FuE) erfolgen. Die Bundesregierung beabsichtigt, die bisher bestehende Projektförderung durch eine Breitenförderung im Rahmen des FZulG zu ergänzen. Der nunmehr vorliegende RegE sieht hierzu die Einführung einer steuerfreien Forschungszulage vor. Diese soll 25% der im Rahmen von FuE entstanden Lohnaufwendungen (nur für Forscher, nicht für „helfende Hände“, wie Reinigungskräfte, und nicht für Führungskräfte) zuzüglich der mit 20% pauschalierten hierauf entfallenden Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung betragen. Auch wenn es sich um eine Breitenförderung handeln soll, müssen dazu Projekte benannt und beschrieben sowie die Lohnaufwendungen diesen Projekten zugeordnet werden. Die Bemessungsgrundlage der förderfähigen Aufwendungen je Wirtschaftsjahr soll auf 2 Mio. € begrenzt sein, was einer höchstmöglichen Zulage von 500.000 € gleichkäme. Vorgesehen ist keine Verrechnung im Rahmen der Steuerveranlagung, sondern eine eigenständige Auszahlung im Folgejahr, die Förderung soll also von der Ertragssituation des Unternehmens unabhängig sein.

Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Wie ein roter Faden ziehen sich grds. lobenswerte Effizienzbemühungen durch den RegE und dessen Begründung. So soll etwa der mit der Forschungszulage verbundene Erfüllungsaufwand auf Seiten der Unternehmen jährlich lediglich 1,93 Mio. € betragen. Bei den lt. RefE erwarteten 9.000 Fällen (im RegE ist diese Zahl nicht mehr enthalten) entstünden je Unternehmen Kosten von gerade einmal 214 €. Ausweislich der Ausführungen des Normenkontrollrats wird der dem Antragsteller erwachsende Zeitaufwand auf ca. zwei Stunden geschätzt. Was als effiziente Ausgestaltung anmuten mag, erweist sich bei näherer Betrachtung als fraglich: Für die Gewährung der Forschungszulage ist zunächst ein Antrag zu stellen (§ 5 FZulG-E), dem zwecks Überprüfung eine detaillierte Projektbeschreibung nebst Begründung beizufügen ist. Wer schon einmal einen Antrag auf Forschungsförderung gestellt hat, wird bestätigen, dass der Erfüllungsaufwand nicht mit dem genannten Betrag abgegolten sein wird. Es mag etwas anderes sein, wenn bereits an anderer Stelle ein Antrag zu diesem Projekt gestellt wurde. Aber selbst dann scheint der Betrag unrealistisch niedrig zu sein.

Wer entscheidet über die Förderwürdigkeit und trägt die Verantwortung?

Ob ein Forschungsprojekt gefördert werden kann, soll nicht durch die Finanzverwaltung oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung, sondern durch eine oder mehrere „Stelle(n)“ bescheinigt werden. Ausweislich der Begründung zu dem Entwurf sollen keine Ermessensspielräume seitens einer Prüf- oder Bewilligungsbehörde ausgefüllt werden. Man scheint hier Haftungsfälle vermeiden zu wollen. Völlig unklar bleibt dabei, wer diese „Stelle“ sein soll – immerhin geht es nach Einschätzung des RefE um anfangs jährlich 9.000 Anträge, Tendenz steigend. Angesichts der nach fünf Jahren vorgesehenen Evaluation und der damit möglichen grundsätzlichen Änderung der Zulage scheint die Errichtung einer entsprechenden staatlichen Organisationsstruktur jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt fraglich.

Hingewiesen sei darauf, dass die Verschiebung der Entscheidung über die Förderwürdigkeit weg von der Finanzverwaltung hin zu besagter „Stelle“ das eigentliche Problem nicht löst: Es werden Ermessensspielräume bleiben, und bei vermeintlichen oder tatsächlichen Fehlentscheidungen muss jemand die Verantwortung übernehmen. Sollte die „Stelle“ am Ende eine private Institution sein, würde diese sich das damit verbundene Risiko sicherlich vergüten lassen. Im Übrigen werden die Kosten für die „Stelle“ bei der Quantifizierung des Erfüllungsaufwands nicht erwähnt und es wird auch nicht deutlich, wer die „Stelle“ bezahlen soll (das beantragende Unternehmen?). Ausführungen dazu finden sich lediglich in der Begründung und in den Ausführungen des Normenkontrollrats. Diese lassen erahnen, dass die Kosten hierfür vom Bund getragen werden sollen.

Wer soll gefördert werden?

Durchaus vage bleibt ferner der Adressatenkreis der Forschungszulage. Die Begründung des RegE führt hierzu lediglich aus, dass „insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen“ gefördert werden sollen, aber „ohne dass die größeren Unternehmen von der Förderung […] ausgeschlossen werden.“ Ob die Förderung durch die Obergrenze von 2 Mio. € insb. kleinere und mittlere Unternehmen erreichen wird, darf angezweifelt werden.

An anderer Stelle heißt es, dass „private FuE-Investitionen“ gefördert werden sollen, um damit „innovative Unternehmen in Deutschland zu stärken“. Demnach zielt das FZulG auf die Förderung der Privatwirtschaft ab. Ausweislich der Begründung sollen aber auch „wirtschaftliche […] Geschäftsbetrieb[e] einer grundsätzlich steuerbefreiten Einrichtung (z.B. einer gemeinnützigen Einrichtung), […] Betrieb[e] gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder in einer durch Ausgründung oder Ausgliederung entstandenen steuerpflichtigen rechtlich selbstständigen Einheit“ anspruchsberechtigt sein – ein offensichtlicher Widerspruch.

Mit besagter Erwähnung öffentlicher Einrichtungen ist übrigens nicht Auftragsforschung gemeint, denn die wird gesondert adressiert: Sie soll ebenfalls vom FZulG begünstigt werden können. Unklar ist indessen, warum die Zulage dabei dem Auftragnehmer (also der forschenden Einrichtung) und nicht dem -geber zustehen soll. Gerade im Hinblick auf die als förderungswürdig angesehenen KMU ist zu vermuten, dass diese verstärkt Auftragsforschung in Anspruch nehmen. Ist der Auftragnehmer jedoch der Anspruchsberechtige der Zulagenzahlung, kommt dem auftraggebenden KMU c.p. keine Begünstigung zugute. Zwar ließe sich argumentieren, dass der Auftragsnehmer infolge der Zulage seine FuE-Leistungen zu einem günstigeren Preis anbieten könnte. Ob die staatlich gewährte Begünstigung allerdings tatsächlich auf diese Weise zumindest indirekt dem Auftraggeber zukommt, bleibt zweifelhaft. Nicht gerade KMU-freundlich ist schließlich, dass für eine Anspruchsberechtigung „eigene Forschungstätigkeit“ stattfinden muss. Das dürfte bei kleinen Unternehmen kaum der Fall und selbst bei mittleren Unternehmen nicht die Regel sein.

Fraglich ist schließlich, ob eine trennscharfe Abgrenzung zwischen der nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FZulG-E von einem Anspruchsberechtigten verfolgten Kooperation mit einer Forschungseinrichtung und der nach § 2 Abs. 4 Satz 2 FZulG-E ebenfalls begünstigten Auftragsforschung erfolgen kann. Dies ist aber bedeutsam, denn im ersten Fall ist jedes Kooperationsmitglied zulageberechtigt, soweit die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden; im letzten Fall gilt jedoch ausschließlich das FuE-Vorhaben des mit der Forschung beauftragten Unternehmens als begünstigt.

Insgesamt ist positiv zu bewerten, dass nun endlich ein Regierungsentwurf vorliegt. Gleiches gilt für den erkennbaren guten Willen der Autoren des Entwurfs. Im Detail zeigt sich aber bereits jetzt die eine oder andere Tücke, die es bis zur Verkündung auszumerzen gilt.