Marktmacht, Regeltreue, Wettbewerb
Frauke Nitschke
Liebe Leserinnen und Leser,
der Fall ist ein Paukenschlag! Das Bundeskartellamt untersagt Facebook die Verwendung einzelner Datenverarbeitungsklauseln, die als Ausfluss einer marktbeherrschenden Stellung gegen Datenschutzrecht verstoßen. Facebook macht die Nutzung des sozialen Netzwerks davon abhängig, dass Nutzerdaten von konzernzugehörigen Diensten wie z.B. WhatsApp oder Instagram sowie Drittwebseiten mit dem Facebook-Nutzerprofil zusammengeführt und kommerziell verwendet werden. Das Bundeskartellamt sieht darin einen Konditionenmissbrauch gem. § 19 Abs. 1 GWB.
Die Entscheidung des Bundeskartellamts ist in mehrerer Hinsicht wegweisend: Zunächst gibt sie Gelegenheit, für den Konditionenmissbrauch basierend auf der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB präzise Konturen herauszuarbeiten, sodass marktbeherrschende Unternehmen Gewissheit haben, wann die Verletzung außerkartellrechtlicher Normen auch kartellrechtliche Sanktionen nach sich ziehen kann (dazu Karbaum in diesem Heft ab S. 1072). Höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Fallgruppe ist selten, entsprechend gering ist die Rechtssicherheit.
Darüber hinaus ist der Fall ein Mosaikstein bei der Bewältigung einer grundlegenden Zukunftsfrage: wie ist fairer Wettbewerb in der Internetökonomie zu gestalten? Viele digitale Märkte sind hoch konzentriert und von einem oder wenigen großen Anbietern geprägt. Daher ist zu überdenken, ob u.a. neue Standards in der Missbrauchskontrolle notwendig sind, um die facettenreichen wettbewerbsrechtlichen Herausforderungen digitaler Plattformen (vgl. Pautke/Schultze, WuW 2019 S. 2) zu meistern. Zudem ist zu eruieren, inwieweit es Aufgabe des Bundeskartellamts ist, Verbraucherschutz in Zeiten der Digitalisierung unmittelbar mit dem kartellrechtlichen Instrumentarium und ggf. neuen Eingriffsbefugnissen zu gewährleisten (dazu Mundt, WuW 2019 S. 181).